Veranstaltung: | 1. Landesmitgliederversammlung Grüne Jugend Brandenburg |
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Tagesordnungspunkt: | 3.1. Mobilität |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.02.2017, 16:27 |
Antragshistorie: | Version 1 |
L1neu2: Grün Geradeaus - Nachhaltig von A nach B in Brandenburg
Antragstext
Mit seinen 1763 Orten ist Brandenburg ein ausgedehntes Bundesland. Daher ist es
so zentral allen Menschen gute Verbindungen anzubieten. Und das schnell,
barrierearm, bezahlbar und ökologisch. Die Brandenburger Landesregierung zeigt
mit Ihrer kürzlich beschlossenen Mobilitätsstrategie ihre vollständige
Einfallslosigkeit. Statt die Weichen und Kurven auf grüne Mobilität für alle zu
stellen, schreibt sie die Dominanz der Straße fort. Die Grüne Jugend Brandenburg
fordert eine konsequente Neuausrichtung der Verkehrspolitik auf allen Sektoren.
Leitbild muss dabei der Dreiklang aus Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung,
Verkehrsverknüpfung sein. Das Land muss eine umfassende Mobilitätswende
anstreben und die Dominanz der Straße brechen.
Öffentlicher Verkehr
Oberste Priorität zur Sicherung des Verkehrs in der Fläche muss eine klare
Absage an geplante Streckenstilllegungen und Bahnhofsschließungen sein.
Strecken, die mit geringen Fahrgastzahlen zu kämpfen haben, müssen umfangreich
auf ihre Möglichkeiten zur Steigerung der Attraktivität und Ausschöpfung des
vorhandenen Fahrgastpotentials überprüft werden. Zum Beispiel durch Optimierung
der Umsteigemöglichkeiten für Bus & Bahn, Umgestaltung Bahnhofsareal,
Herstellung Barrierefreiheit.
Damit Busse und Bahnen nicht leer durch das Land fahren, ist
Attraktivitätssteigerung der Schlüssel zu einem besser funktionierenden
Gesamtsystem. Wir begrüßen daher die Absichtserklärung der Landesregierung in
der Mobilitätsstrategie 2030 einen 1-h-Takt an alles Bahnhöfen anzustreben.
Das Gesamtsystem öffentlicher Verkehr muss besser vernetzt werden, um die
vielfältigen Alltagswege im Land besser abzubilden. Wege machen nicht an
Kreisgrenzen halt, Busse im Land häufig schon. Zu selten treffen angrenzende
Kreise Vereinbarungen, um Linien über die Grenzen zu führen. Es ist richtig,
dass der Busverkehr als kleinteiligster Bestandteil des ÖPNV in kommunaler Obhut
liegt. Aber der VBB soll die Möglichkeit bekommen landesbedeutsame Buslinien
entlang nachfragestarker Achsen zu bestellen. Diese müssen vergleichbar mit dem
bestehenden PlusBus-System feste Bedienstandards, insbesondere in den
Randstunden und am Wochenende, haben.
Langfristig soll der ÖPNV in Berlin und Brandenburg fahrscheinlos werden. Dies
wollen wir insbesondere im Nahbereich erreichen. Bei längeren Strecken gilt,
Mobilität muss auch einen Wert haben, um nicht unnötige Wege zu induzieren. Der
Land Brandenburg soll in Zusammenarbeit mit dem VBB Modellregionen
identifizieren und Modelle für einen fahrscheinlosen ÖPNV testen. Dabei sollte
es sich aber nicht um Kleinstnetze wie von 1997-2002 in Templin handeln.
Die Entscheidung den Ländern die Ausgestaltung des ÖPNV zu überlassen und sie
dafür mit nötigen Finanzmitteln auszustatten war vollkommen richtig. Im gesamten
VBB-Gebiet steigen die Fahrgastzahlen. Im Zeitraum des letzten
Landesnahverkehrplans von 2008-2011 ist Zahl der Regionalreisenden um 12,5%
gestiegen. Jetzt gilt es das Erreichte zu sichern und gegebenenfalls
nachzusteuern. Besonders bedauerlich ist, dass immer wieder niedrig
frequentierte Linien in berlin-fernen Landesteilen gegen überlastete Linien im
Speckgürtel ausgespielt werden. Bei steigenden Fahrgastzahlen kann es nicht bei
einer gleichbleibenden Finanzierung durch Land und Bund bleiben. Es muss mehr
Geld ins System, um den Status Quo zu sichern und nachfragestarke Linien
auszubauen. Dafür muss Brandenburg sich bei zukünftigen Verhandlungsrunden für
mehr Regionalisierungsmittel einsetzen und wie im Straßenbau auch, eigenes Geld
in die Hand nehmen.
Immer noch fehlen Lückenschlüsse nach Berlin im Schienennetz, die die deutsch-
deutsche Teilung hinterlassen hat. Wir fordern den Wiederaufbau der Kremmener
Bahn, des Berliner Teils der Heidekrautbahn und der schon mit dem Pilzkonzept
1992 für Berlin beschlossenen Stammbahn nach Potsdam. An anderen Stellen müssen
Engpässe beseitigt werden. Dies gilt insbesondere für den durchgehenden
zweigleisigen Ausbau der Strecke Berlin-Cottbus, insbesondere der Schaffung
eines zweiten Fernbahngleiseses im Bahnhof Königs Wusterhausen. Außerdem muss
die Verbindung zwischen Berlin-Spandau, Falkensee und Nauen verbessert werden.
Eingleisige Strecken und Trassen welche stark vom Fernverkehr frequentiert
werden (insb. Berlin-Rathenow) müssen bezüglich ihrer Kapazität und
Fahrplanstabilität untersucht werden und ggf. ausgebaut werden.
Das Streichen von weniger frequentierten Halten, um Fahrplanstabilität zu
schaffen und Umlaufzeiten zu optimieren, darf nur mit äußerstem Bedacht
eingesetzt werden und darf nicht wie beim Beispiel des RE2 dazu führen, dass auf
einmal ein Landstrich von der Zuganbindung abgekoppelt ist.
Auch wenn laut Landesregierung bereits 305 von 337 Bahnhöfen im Land
barrierefrei sind, sieht die Realität für Rohlstuhlfahrer*innen, Kinderwägen und
Rollatoren oft anders aus. Unterschiedliche Bahnsteig- und Einstiegshöhen
schaffen praktische Hürden abseits der guten Zahlen.
Um die Bahn attraktiver zu machen, dürfen die Fahrgäste auch nicht während der
Fahrt abgekoppelt sein. Daher muss der VBB bei zukünftigen Ausschreiben von
Bahnleistungen eine Versorgung mit stabilem W-LAN und Mobilfunkverbindungen
während der Fahrt als Vergabekriterium formulieren.
Weil Bildung ein Grundrecht ist und allen kostenfrei zur Verfügung stehen muss,
ist es für die Grüne Jugend Brandenburg klar, dass auch der Weg zur Schule für
alle kostenlos sein muss und setzt sich daher für eine kostenfreie
Schüler*innenbeförderung ein. Wir begrüßen ausdrücklich die Freizeit- und
Ferientickets des VBB, welche jungen Menschen in der Region auch abseits großer
Städte eine vielfältige Freizeitgestaltung ermöglicht. Das Freizeitticket muss
allerdings allen Schüler*innen und Azubis im Land zugänglich sein und nicht nur
Zeitkarteninhaber*innen. Neben jenen attraktiven Angeboten für junge Menschen
und Senioren, muss es auch spezifisches Angebot für Menschen mit geringem
Einkommen geben.
Straßenverkehr
In den vergangenen Jahren hat sich die Brandenburger Politik immer mehr dem
vermeintlichen Sachzwang gebeugt, dass Verkehr in einem Flächenbundesland
abhängig vom Auto wäre und dementsprechend große Anteile der
Verkehrsinvestitionen in diesen Sektor fließen lassen.
Die Beseitigung von Engstellen kann ein sinnvolles Mittel darstellen, um Verkehr
regional besser bewältigen zu können. Neubauprojekte wie die BAB14 sind aber
unverhältnismäßig. Die Annahme steigender Verkehrsflüsse in der Mark ist
irreführend. Im Großteil des Landes wird die Bevölkerung weiter abnehmen, im
berlinnahen Verdichtungsraum ist ein Ausbau der Straßenverkehrsinfrastruktur
nicht zukunftsweisend, da die Verkehrsanforderungen nicht sinnvoll auf der
Straße zu bewältigen sind. Mittel- und langfristig wird der Anteil des
Individualverkehrs abnehmen müssen, um die Hauptstadtregion lebenswert zu
erhalten.
Brandenburg ist das Land mit den verhältnismäßig meisten Verkehrstoten. 155
Verkehrstote im Schnitt in den letzten 5 Jahren sind weit vom Ziel von 0
Verkehrstoten der Landesregierung entfernt, vor allem aber bleibt sie konkrete
Maßnahmen schuldig. Wir fordern die Brandenburger Kommunen auf, ihren gesamten
Spielraum zu nutzen, um ein weitgehendes Tempolimit von 30 km/h umzusetzen. Das
Land soll prüfen, wie auf weiteren Teilen des Brandenburger Autobahnnetzes
Tempolimits auf Autobahnen verhängt werden können.
Güterverkehr
Der Anteil der Schiene am Güterverkehr darf nicht weiter abnehmen. Das Land
Brandenburg muss sich dafür einsetzen, dass möglichst wenige Verladestationen
den Kürzungen der DB zum Opfer fallen, um eine flächendeckende Anbindung an den
Schienengüterverkehr zu ermöglichen. Die Landesregierung soll die Gründung einer
landeseigenen Infrastrukturgesellschaft überprüfen, diese soll gegebenenfalls
Streckenteile und Anschlüsse aus dem Bestand von DUSS, bzw. der DB Netz zu
übernehmen und weiter zu betreiben.
Brandenburg muss aufhören den Verkehr auf der Straße verdeckt zu fördern. Wenn
den Bürgern auch unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit und Effizienzsteigerung
verkauft, war die Zulassung von Giga-Linern auf den Straßen im Land ein Schritt
zurück in die falsche Richtung. Die Einführung der LKW-Maut auf einzelnen
Teilstücken von Bundesstraßen ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Brandenburg muss sich dafür einsetzen, dass diese auf dem gesamten Straßennetz
erhoben wird. Diese soll besonders hoch für Straßen niederer Ordnung sein, um
die Bündelungsfunktion von Autobahnen und ausgebauten Bundesstraßen zu fördern.
Luftverkehr
Insgesamt hat das Land Brandenburg mehr als 2,8 Mrd. € in den neuen
Luftverkehrsstandort BER investiert und an Bürgschaften ausgegeben. Ohne
momentan mehr zu haben als den ehemaligen Zentralflughafen Schönefeld und ein
paar Blechhallen.
Offensichtliche Probleme des Luftverkehrs, insbesondere Lärm und CO2-Emissionen
werden von den politisch Verantwortlichen im Land nicht wahr- oder
ernstgenommen. Die Grüne Jugend Brandenburg fordert, dass es keinen weiteren
Ausbau des Luftfahrtstandorts Berlin/Brandenburg geben darf. Weder darf der BER
über den aktuell genehmigten Planungsstand hinaus ausgebaut werden. Für den BER
muss es ein absolutes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr geben. Um die Menschen
noch wirkungsvoller vor Fluglärm zu schützen, müssen die Gebühren noch stärker
lärmabhängig sein, insbesondere in den Tagesrandstunden. Günstiger Fliegen als
Bahnhfahren gibt es nur zu erheblichen ökologischen (Emissionen), sozialen
(Lohndumping) und gesundheitlichen (Lärm) Kosten. Ein weiteres Wachstum des
Billigflugsektors wird immer weniger zu gewünschten Regionaleffekten, aber zu
weiter steigenden Belastungen führen. Die Flughafengesellschaft Berlin-
Brandenburg (FBB) muss ihre Gebührenstruktur an andere Großflughäfen anpassen
und darf nicht weiter Hauptstadt der Low-Cost-Carrier sein. Brandenburg muss
dafür sein Gewicht im Aufsichtsrat der FBB einsetzen. Ebenfalls sollte
Brandenburg klarstellen, dass als Miteigentümer der FBB das Offenhalten des
Innenstadtflughafen Tegel keine Option ist. Der mittelfristige
Luftverkehrskapazitätsrückgang ist sinnvoll, um dafür zu sorgen Flugpreise der
Realität anzupassen und mangelnde Bundes- und EU-Regelungen zur
Wettbewerbsgleichheit zwischen den Verkehrsträgern beizutragen.
Brandenburgs Gewicht im Bund und der EU nutzen
Übergeordnetes Ziel muss es sein, Kostenwahrheit zwischen den verschiedenen
Verkehrsträger herzustellen. Brandenburg muss dafür entsprechende
Gesetzesinitiativen in den Bundesrat hineintragen und auch auf anderen Ebenen
seinen Einfluss nutzen. Vorrangiges Ziel müssen die Einführung einer
Energiesteuer im Luftverkehrsbereich, eventuelle Anpassung von Kraftstoffsteuern
und Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts sein.
Auch als wenig urbanes Bundesland muss sich Brandenburg dafür einsetzen, Städten
die Möglichkeit zu geben, Fahrgebühren für die Innenstadt (sog. City-Maut)
erheben zu können. Sollte Berlin dies umsetzen, würden auch die Umlandgemeinden
im Speckgürtel stark vom Autoverkehr entlastet. Brandenburg darf nicht gegen
sinnvolle Maßnahmen der Luftreinhaltung, wie z.B. Fahrverbote für
Dieselfahrzeuge, die nicht EURO-6 entsprechen opponieren.
Begründung
erfolgt mündlich.